3 Schreibtipps: Warum ihr sie kennen, aber nicht immer einhalten solltet

Im Netz gibt es massig Schreibtipps. Über die Jahre habe ich viele, wenn nicht sogar fast alle, davon kennengelernt. Die meisten dieser Tipps sind sinnvoll und bringen die eigenen Texte definitiv weiter. Leider gibt es häufig die Tendenz dazu, die Tipps als absolut zu verstehen und eine Nichteinhaltung mit schlechtem Stil gleichzusetzen. Ich finde: In gesundem Maße machen sie Texte besser. Und warum das so ist, möchte ich heute gerne an drei Beispielen erklären.

Show, don‘t tell

Eine der beliebtesten Regeln, die mir immer wieder über den Weg läuft, ist: „Show, don‘t tell“. Ich erkläre hier nur kurz, worum es geht. Wer sich damit näher befassen möchte, findet im Netz sicher bessere und ausführlichere Definitionen. Bei dem Schreibtipp „Show, don‘t tell“ geht es im Wesentlichen darum eine Szene nicht zu beschreiben, sondern sei erlebbar zu machen. Beispiel: Sie war traurig = Tell. Ihr liefen Tränen über die Wangen, während sie sich die Nase schnäuzte = Show. Eigentlich ganz einfach. Show ist auch grundsätzlich ein Mittel, das einen Text erfühlbarer macht, aber ein Text, der nur aus Show besteht, ist furchtbar anstrengend zu lesen. Genauso wenn er nur aus Tell besteht. Meiner Meinung nach müssen sich Show und Tell in einem gesunden Maß abwechseln, um am Ende eine perfekte Mischung zu finden. Außerdem kommt es auch ganz darauf an, was man gerade ausdrücken möchte. Einen Zeitraffer etwa im Show zu schreiben ist aus meiner Sicht nach nur in den wenigsten Fällen sinnvoll.

Das Wort plötzlich

Ähnlich absolut wird auf dem Wort „plötzlich“ herumgeritten. Der Gedanke dahinter ähnelt dem Prinzip von „Show, don‘t tell“. Die Plötzlichkeit eines Moments sollte dem Leser nicht vor die Stirn geklatscht, sondern beschrieben werden. Das ist richtig, aber auch hier gilt: Die Ausnahme bestätigt die Regel. Wenn es soweit geht, dass man sich fast schuldig fühlt, das Wort plötzlich in seinem Manuskript zu finden, ja, dann wurde dieser Schreibtipp meiner Meinung nach überstrapaziert.

Kurze Sätze

Keine ewig langen Satzwürmer zu fabrizieren, macht definitiv Sinn. Überhaupt kein Einwand von mir. Aber (ja, auch hier gibt es eins): Autor*innen, die sich zu sehr darauf versteifen, einen Text zu schreiben, der einfach ist und hauptsächlich aus Hauptsatzkonstruktionen besteht, die schreiben am Ende etwas, das an ein Stakkato erinnert. Es ist dem Lesefluss nicht zuträglich, ausschließlich lange Sätze zu schreiben. Aber genauso ist es schädlich – überspitzt formuliert – nur Hauptsätze zu schreiben. Auch hier muss ein gesundes Mittelmaß gefunden werden. Außerdem: Mit der Länge von Sätzen kann die Schnelligkeit von Texten gesteuert werden. Längere Sätze machen einen Text behäbig und damit automatisch langsamer. Das Gegenteil ist bei kurzen Sätzen der Fall. Auch hier muss der/die Autor*in also entscheiden, was er erreichen möchte und wofür er dieses Stilmittel konkret einsetzen will.

Welche Schreibtipps nutzt ihr gerne und bei welchen geht es euch wie mir mit den oben genannten?

Kategorie Werkstatt
Autor

Als Autorin und Freelancerin liebe ich die Arbeit mit Texten. Als Marketing Managerin die Online Welt. Mehr Informationen zu meinen Freelancer Projekten und Buchveröffentlichungen gibt es hier.

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[…] Weydt schreibt über drei Schreibtipps, die man wissen, aber nicht immer beachten sollte. Ich habe auch schon alle beachtet und […]

Helmut Tack
Helmut Tack

Schreibregeln sind wichtig! Und ja, man solte sie einhalten. Aber erst der Bruch damit, macht den Text einzigartig.Erfindet Worte, die in sich erklären und zeigen was Ihr sagen wollt. Ein Verlagslektor, der das nicht zulässt, hat seinen Status als Kreativer verloren.