Autor*innen sind fürs Schreiben zuständig und nur dafür. Diese Auffassung war einmal. Heutzutage sind wir vieles, aber definitiv nicht mehr ausschließlich fürs Schreiben da. Wenn ich mir angucke, in welche Rollen ich während der Veröffentlichung von City of Fallen Magic schon geschlüpft bin – mir wird ganz schwindelig. Ich bin Videografin, Grafikdesignerin, Marketing Managerin, Social Media Managerin, SEO/SEA Spezialistin, Webdesignerin, Sales Person, habe im Korrektorat und Lektorat gearbeitet… und das ist nur das, was mir beim Schreiben dieses Artikels spontan einfällt. Oben drauf bin ich noch meine eigene Marke und netzwerke wie verrückt. Ich kann mich glücklich schätzen, dass mein Hauptjob sowieso in diese Richtung angelegt und mir all das nicht unbekannt ist, immerhin arbeite ich abseits meines Autorinnenlebens im Marketing. Natürlich war vieles davon frei gewählt, es geht auch ohne oder mit viel Geld durch Profis und ich wäre in noch viele weitere Rollen geschlüpft, wenn mir mein Verlag nicht Aufgaben abgenommen und mich unterstützt hätte. Dennoch: Ich werde das Gefühl nicht los, dass Autoren und Autorinnen immer mehr zur Full Service Agentur werden – quasi alles aus einem Guss. Wie praktisch, nicht wahr?
Produktentwicklung und Marketing sind aus gutem Grund getrennt
Ich bin mir da nicht so sicher, das muss ich an dieser Stelle anmerken. Denn der ständige Wechsel zwischen kreativer Persönlichkeit (Autorin) und dem typischen Marketing Getrommle – das geht auf Dauer auf Kosten der Kreativität. Jedenfalls bei mir. Noch einmal: Mir macht es wahnsinnigen Spaß Marketingkampagnen zu planen und umzusetzen, auch im Buchbereich, mit meiner Community zu kommunizieren und das, woran ich monatelang im stillen Kämmerlein gearbeitet habe, der Welt vorzustellen. Das aber in Personalunion zu tun, empfinde ich als schwierig. Es hat einen guten Grund, weshalb die Produktentwicklung und das Marketing in der Regel zwei unterschiedliche Abteilungen sind: Weil diejenigen, die das Produkt entwickeln so tief drin stecken, dass es ihnen schwer fällt, ihr Baby aus dem kühlen Winkel der Werberealität zu betrachten. Aber genau das muss ich als Autorin tun. Und manchmal ist das grausam.
Was heißt das für uns?
Was heißt das für mich als Autorin? Nach der Fertigstellung des Manuskripts folgt idealiter die Veröffentlichung. Dass das nicht immer der Fall ist, muss ich hier nicht erwähnen, aber gehen wir mal vom günstigsten Fall aus. Schon bei der Verlagssuche (SP mal ausgenommen) fängt es an: Pitchen, werben, verkaufen. Ich lasse den schreibkreativen Teil meiner Person zurück und schlüpfe in die Rolle des Marketers. Über Jahre und durch die Arbeit im Verlagswesen habe ich gelernt, Texte als Ware zu sehen – nur mich emotional von meinem eigenen Text zu entkoppeln, das ist gar nicht so leicht. Dennoch muss ich es tun. Dann später, nach der Veröffentlichung, werde ich von Meinungen überspült. Jede von ihnen ist wichtig und richtig, ich bin aber durch meine multiplen Rollen dazu gezwungen die Filterung dieser Meinungen selber vorzunehmen, mich damit auseinanderzusetzen. Und auch hier ist die Personalunion aus meiner Sicht wieder problematisch: Ich habe keine Marketingabteilung, die für mich die Key Learnings zusammenfasst, den Knall abfedert. Ich bewerbe diesen Text nicht nur, ich habe ihn erschaffen. Es ist natürlich, dass ich jede Meinung stärker wahrnehme als jemand, der ein Produkt nur gepitcht bekommt, um es dann zu verkaufen. Normalerweise ist dafür der Vertrieb zuständig – sie sind diejenigen mit dem dicken Fell und den aalglatten Sprüchen, die immer die richtigen Worte finden. Aber auch hier gilt: Ich habe keinen Vertrieb. Ich bin der Vertrieb (auch wenn der Verlag auch noch da ist).
Verlorengehen der Kreativität: Eine Hassliebe
All die Prozesse, Meinungen und Verfahren vergraben meine kreative Autorenpersönlichkeit irgendwo unter einem Haufen von griffigen Verkaufssprüchen und den neuesten Instagram Statistiken. Das letzte Mal habe ich mich so sehr im Veröffentlichungsprozess verloren, dass ich am Ende nicht mehr wusste, wohin eigentlich die Autorin in mir verschwunden ist. Das ist sehr schade. Und es ist gefährlich. Ich habe mir vorgenommen, dass es dieses Mal anders wird, ob ich das schaffe, weiß ich nicht. Mir ist klar, woher der Anspruch an Autor*innen kommt, viele dieser Rollen einzunehmen und auch, dass sich das so schnell nicht ändern wird. Ich will mit diesem Artikel auch nicht sagen, dass ich den Verkaufsprozess furchtbar finde. Im Gegenteil. Ich frage mich eher: Wie schaffe ich es, zwischen Autor*innen- und Marketerpersönlichkeit hin und her zu wechseln, ohne, dass es mich zerreißt? Ist das der Boss am Ende des Autor*innenspiels, den es zu meistern gilt? Ich habe noch keine Lösung gefunden, aber ich harre der Dinge. Auf einen neuen Versuch.
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